Ist Kreuzheben gesund?
Inhalt
Kreuzheben hört sich ja schon extrem martialisch an. Der englische Begriff Deadlift verspricht noch mehr zerstörerische Kraft.
Wer seinen Hausarzt fragt, ob er im Rahmen seines Trainingsprogramms Kreuzheben ausführen muss, soll oder kann, wird meist ein Gesicht mit großen Augen sehen. Eines können wir bereits an dieser Stelle festhalten, die Grundübung Kreuzheben hat enormes Potenzial, den Körper schwer zu beschädigen.
Das nachfolgende Video zeigt auf beeindruckende Weise, wie man sich auf schnellstem Wege mit Kreuzheben in den Rollstuhl trainieren kann:
Video-Link: https://youtu.be/P0ySblouCKs
Eigentlich gebührt dem Athleten Lob und Anerkennung für seine selbstaufopfernde Art der Übungsausführung. Sind wir damit bereits am Ende des Artikels angekommen? Haben wir unsere eingangs gestellte Frage mit Nein beantwortet? Natürlich nicht. Deadlifts sind nicht ohne Grund in den Trainingsplänen vieler fortgeschrittener Athleten enthalten.
Wer sollte Kreuzheben in seinen Trainingsplan aufnehmen
Erst einmal muss ich den obligatorischen Hinweis geben, dass man einen Arzt konsultieren sollte. Bestimmte orthopädische Vorerkrankungen, zu hoher Blutdruck und/oder eine Schädigung des Herzens können Ausschlussgründe sein. Dabei sollte man selbst dann nicht im Vorhinein das Handtuch werfen, wenn man bereits einen Bandscheibenvorfall hatte. Ich kenne einige Fälle, bei denen gerade das Kreuzheben eine lange Schmerzkarriere beenden konnte. Aber bitte niemals ohne ärztliche Konsultation und nicht ohne professionelle Anleitung!
Von den einleitenden Worten abgesehen wird immer wieder davor gewarnt, dass Kreuzheben eine äußerst komplizierte Übung sei und daher nur fortgeschrittene Kraftathleten auf diese Übung zurückgreifen sollten.
Gehen ist deutlich komplizierter und dennoch führen es bereits Kleinstkinder aus ;-)
Es spricht somit nichts gegen den Einsatz dieser Grundübung bei Anfängern.
Warum ist Kreuzheben eine wichtige Übung?
Ich formuliere einmal so: Kreuzheben ist eine extrem gute Übung, um rasch Masse aufzubauen. Kreuzheben ist aber keinesfalls zwingend. Man kann, muss aber nicht.
Kreuzheben ist neben Kniebeugen die Übung, die die meisten Muskeln im Körper gleichzeitig anspricht. Das setzt eine Vielzahl von Muskeln unter Stress, sorgt für ordentlich Ausschüttung von Wachstumshormonen und bringt im Verhältnis zum Zeitaufwand maximale Muskelzuwächse.
Welche Muskeln werden beim Kreuzheben besonders belastet?
In erster Linie werden Bein- und Rückenmuskeln beachtet. Beinbeuger und Beinstrecker, Gesäßmuskulatur, Rückenstrecker, Trapezmuskel. Daneben wird fast die gesamte Restmuskulatur des Körpers mehr oder weniger stark belastet.
Worauf muss man beim Kreuzheben achten?
Halte Dein Ego im Zaum! Was bei anderen Übungen gilt, gilt beim Kreuzheben wegen etwaiger Folgen ganz besonders. Lerne zunächst die Bewegung kennen und verinnerliche den Bewegungsablauf, bevor Du wesentliche Gewichte verwendest. Bleib bei dieser Übung stets hoch konzentriert und lasse Dich niemals ablenken!
Welche Verletzungen können beim Kreuzheben auftreten?
Bei falscher Ausführung kann es zu Verspannungen, Zerrungen und Schädigungen an den Wirbeln kommen. Aufgrund der enormen Last auf den unteren Rücken, treten hier die meisten Schädigungen auf. Es kann im Extrem dazu kommen, dass Wirbelkörper seitlich herausrutschen und Bandscheiben platzen. Wer die Last zu hoch wählt, kann die Wirbelsäule stauchen. Wer die Wirbelsäule dreht, muss nicht lange auf schwere Verletzungen warten. In einem der Studios in dem ich trainiere, gibt es Spiegel in denen man sich beobachten kann. Nicht schlecht, weil man die Möglichkeit hat, seine Haltung zu korrigieren. Das Fatale im besagten Studio ist, dass das Rack seitlich zum Spiegel steht. Also neigen die Rollator-Aspiranten den Kopf zur Seite, um sich zu beobachten. Die Wirbelsäule wird bei dieser Übung gestaucht, eine zusätzliche Drehung sorgt dann für den Rest.
Wie ich weiter oben aufgeführt habe, ist Kreuzheben auch für Vorgeschädigte nicht zwingend tabu. In letzter Instanz muss jedoch der Arzt (Orthopäde und/oder Sportmediziner) sein OK geben. Wer allerdings vorgeschädigt ist, sollte sich ganz besonders mit Höchstleistungen zurückhalten.
Wie wird Kreuzheben korrekt ausgeführt?
Ich könnte jetzt Seitenlang die Bewegung beschreiben. Da Bilder mehr sagen als Worte, habe ich nach einem Video gesucht, in dem man den korrekten Bewegungsablauf betrachten kann. Sieh Dir das Video mehrere Male an. Auch wenn die Ausführung im Video bei den meisten Athletinnen/Athleten top ist, gibt es zwei Fehler an Stelle 1 Minute und 12 Sekunden siehst Du eine Athletin, die den Kopf deutlich zu stark in den Nacken nimmt. Bei Position 1 Minute 54 Sekunden beugt der Athlet den Kopf zu weit nach vorne.
Video-Link: https://youtu.be/pjBI9qxibTc
Die wichtigsten Punkte bei der Übung Kreuzheben
Ganz ohne Text möchte ich Dich nicht entlassen, Du musst ja wissen, ob es wichtig ist, eine Cap zu tragen oder nicht ;-)
Ausgangsstellung
Stelle Dich so vor die Stange, dass die Füße etwa schulterbreit auseinander sind und die Fußspitzen leicht nach außen zeigen. Darauf achten, dass die Füße nicht zu weit auseinander sind. Die Ellbogen dürfen durch die Knie nicht behindert werden. Die Fußspitzen sind unter der Hantelstange und die Schienbeine berühren die Hantelstange.
Der Rücken ist dabei gerade.
Diese Aussage führt immer wieder zu Missverständnissen. Wenn Du Dir die Wirbelsäule von der Seite betrachtest, dann stellst Du fest, dass sie eine S-Form hat. Im oberen Abschnitt ist die Wirbelsäule leicht nach außen gewölbt (Kyphose genannt) im unteren Bereich leicht nach innen (Lordose). Und diese Form gilt es beizubehalten.
Wähle eine bequeme, weite Griffweite. Dabei kannst Du die Stange entweder im Kreuzgriff (die Handinnenseite der einen Hand zeigt zu Dir hin, die der anderen von Dir weg) oder im Obergriff (Handinnenflächen zeigen zu Dir hin) umfassen. Falls Du den Kreuzgriff wählst, solltest Du ab und an die Hände wechseln. Diese Griffart hat einige Vorteile. Der Körper wird stabilisiert und die Haltung verbessert.
Richte Deinen Blick nach vorne, strecke die Brust leicht nach vorne und ziehe die Schultern leicht zurück. Die Arme sind gestreckt. Diese Haltung wird über den kompletten Übungsablauf so gehalten.
Atmung
Die Art der Atmung unterscheidet sich von der, die man im Allgemeinen verwendet. Du hast sicher davon gehört, dass man Pressatmung vermeiden soll. Beim Kreuzheben ist Pressatmung aber Teil der sicheren Ausführung. Die gefüllte Lunge sorgt wie eine Art Airbag dafür, dass die Wirbelsäule von innen heraus stabilisiert wird (intra-abdominalen und intra-thorakale Stabilisation).
Daher atmet man vor dem Anheben ein und hält die Luft bis etwas über die Hälfte des Hebevorgangs an. Erst ab diesem Punkt wird langsam ausgeatmet. Vor dem Absenken wird eingeatmet. Erst am Ende des Absenkens wird erneut eingeatmet.
Anheben
Beim Anheben hilft es, wenn man sich vorstellt, die Hantelstange nach hinten oben an den Schienbeinen entlangzuziehen. Leite die Bewegung durch das nach Vorneschieben der Hüfte ein. Das Gewicht liegt auf Deinen Fersen und nicht auf dem Vorfuß. Wenn Du beim Anheben die Knie passierst, beginnst Du mit der Streckung des Oberkörpers. Die Hantelstange wird an den Oberschekeln entlanggezogen. Das Anheben endet, wenn Du aufrecht und gerade stehst.
Absenken
Schiebe beim Absenken die Hüfte nach hinten. Achte darauf, dass Deine Schienbeine möglichst senkrecht zum Untergrund bleiben. Führe die Hantelstange an Deinen Oberschenkeln entlang, bis die Knie passiert werden. Erst ab diesem Punkt beugst Du zusätzlich die Beine um das Gewicht weiter abzusenken. Die Stange wird dabei an den Schienbeinen entlang geführt, bis die Hantel den Boden berührt.
Soll man Kreuzheben ins Training aufnehmen?
Wir haben uns die Frage gestellt, ob Kreuzheben gesund ist. Die Antwort steht noch aus! Klar, dass ich mir kaum die Mühe gemacht hätte, wenn ich ein Gegner des gepflegten Deadlifts wäre. Wenn Du vernünftig bist, meine Tipps und Anmerkungen beherzigst und nicht zu den wenigen Fällen gehörst, bei denen medizinische Gründe klar gegen die Übung sprechen, wird Dir Kreuzheben enorm helfen. Egal ob es dabei um Muskelaufbau oder die Beseitigung von Rückenproblemen geht.
Die Rückenmuskulatur ist unglaublich komplex. Ich sehe immer wieder Trainingspläne mit ein bisschen Lat-Ziehen und einem Rudergerät. Also ganz ehrlich: Wer so trainiert und noch keine Probleme hatte, wird welche bekommen! Ein solches Training führt zwangsläufig zu einer unausgewogenen Entwicklung der Muskulatur. Eine s.g. muskuläre Dysbalance ist vorprogrammiert. Im Alltag bringt das isolierte Training einzelner Muskeln wenig bis nichts, da Muskeln in der Praxis nicht isoliert, sondern im Verbund eingesetzt werden. Beispiel: Wer NUR in der Bizepsmaschine trainiert, wird hier irgendwann ordentliche Gewichte bewegen. Wenn er auf der Baustelle aber einen Zementsack anheben soll, wird er ihn nicht vom Boden anheben können.
Und wenn Kreuzheben keine praxisbezogene Verbundübung ist, dann weiß ich auch nicht ;-)
Warum wird Kreuzheben in vielen Studios von Trainern nicht vermittelt?
Wie wir gesehen haben, ist die Übung Kreuzheben relativ kompliziert und erfordert eine fundierte Einweisung. Gleichzeitig kommt es, bei falscher Ausführung, recht schnell zu Problemen beim Studiomitglied. Die meisten Geräte hingegen bergen kaum wirkliches Verletzungspotenzial. Es dauert etwas, bis man durch unausgewogenes Training Probleme bekommt. Probleme, die man nicht unbedingt mit dem einseitigen Training in Verbindung bringt. Also kommt auf den 08/15 Plan eben Rudern am Gerät mit Brustpolster und Erfrischungsgetränkeversorgung.
Tipps für das Kreuzheben
- Du liest oben immer wieder davon, dass Du die Hantelstange entlang der Schienbeine führen sollst. Das ist extrem wichtig, sorgt aber nicht selten dafür, dass die Schienbeine etwas Haut verlieren. Lange Trainingshose ist daher Pflicht. Du möchtest sicher auch nicht mit einer Stange trainieren, an der Hautfetzen und Blut vom Vorgänger kleben!
- Verwende keine Joggingschuhe, sondern festes Schuhwerk mit flacher Sohle. Aus hygienischen Gründen ist das Barfußtraining in den meisten Studios leider verboten.
- Das Gewicht sollte kraftvoll und explosionsartig angehoben werden. Also das Gewicht während des Anhebens beschleunigen, keinesfalls aber unkontrolliert reißen!
- Wenn Du den Kreuzgriff wählst, hebe niemals mit dem Bizeps der Seite, die die Stange im Untergriff hält. Schweres Kreuzheben ist nicht selten die Ursache für einen Bizepssehnen-Abriss.
- Steigere das Gewicht nur sehr moderat. An der Bewegung sind sehr viele Muskeln und Strukturen beteiligt, die sich erst langsam an die Belastung gewöhnen.
- Mache die Übung niemals bis zum Muskelversagen. Wer hier abfälscht, um noch eine Wiederholung „herauszuleiern“, der geht ein hohes Risiko ein!
- Wenn Du den Rücken zwei Mal in der Woche trainierst, mach Kreuzheben nur an einem dieser Trainingstage. Fortgeschrittene, die schweres Kreuzheben ausführen, können einen 14 Tagerhythmus einführen.
- Auch wenn Du Dir das Video 100 Mal anschaust, wirst Du 1000 korrekte Wiederholungen ausführen müssen, bevor Du den Bewegungsablauf verinnerlicht hast. Wenn Du Dir selbst nicht sicher bist, ob die Ausführung korrekt ist, bitte einen erfahrenen Athleten, Deine Ausführung einmal unter die Lupe zu nehmen!
- Wenn Ihr langsam steigert, wird sich auch eure Griffkraft parallel mit entwickeln. Ihr könnt dann weitgehend auf so genannte Zughilfen verzichten.
So, jetzt sieh Dir das Video noch einmal an und hau rein ;-)
Beitragsbild: Bigstock – Stockfoto-ID: 65393719 Copyright: anpet2000
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Im Video sind diverse Haltungsfehler zu sehen. Sollte die Hantel nicht in einer geraden Linie nach oben gezogen werden und nicht um die Knie herum an den Oberschenkeln entlang? Auch beim Absenken sollte es doch ein einer geraden Linie zu den Knien gehen, klar so nah wie möglich am Körper aber nicht in einer Kurve um die Knie herum.. bei grösseren Gewichten ist dies eh praktisch unmöglich. Ausserdem ist der Kreuzgriff nur dann anzuwenden, wenn die Griffkraft bei Maximalversuchen im Obergriff nicht mehr ausreicht. Ich bin eh der Meinung, wenn man das Gewicht im Obergriff nicht halten kann, sollte man zuerst an der Griffkraft arbeiten und möglichst auf Hilfen etc verzichten. Das einzige Hilfsmittel das ich verwende ist Flüssigmagnesium. Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege ;)
Hallo Gariel,
ich habe selbst zwei Anmerkungen zu nicht korrekt ausgeführter Technik gemacht. Die im Video gezeigte Technik ist allerdings schon sehr gut. Wer es technisch so drauf hat, ist sicher unterwegs. Natürlich ist die Technik immer optimierbar. Das ist ja ein Grund für Techniktraining. Die gerade Linie die Du ansprichst, stellt sich, wie Du sehr gut anmerkst, bei höherem Gewicht tatsächlich von selbst ein. Das leichte Abweichen von der perfekten Geraden im Video ist eher zweitrangig. Schlimmer sind die Fehler, die sich bei schwerem Gewicht erst einstellen.
Was den Kreuzgriff angeht, kann man, wie bei vielen Dingen, einen Glaubenskrieg anzetteln. Du schreibst ja selbst „Ich bin der Meinung…“ ;-) Ich persönlich verwende den Kreuzgriff nicht. Zum Muskelaufbau ist der Obergriff – aus meiner Sicht ;-) – die beste Wahl, da die Muskulatur symmetrisch belastet wird und eine nicht unerhebliche Verletzungsgefahr ausgeschaltet wird. Viele Verletzungen im Bereich der Bizepssehne entstehen beim Kreuzheben durch Aktivieren des Bizeps im Arm mit Untergriff. Mir geht es auch nicht um einen KDK Rekord, sondern um Muskelaufbau.
Ich wünsche Dir viel Spaß und Erfolg
im Training!
Alter Beitrag aber ich fühle mich trotzdem genötigt zu kommentieren. Ich stimme da zu, am besten NIEMALS den Kreuzgriff benutzen. Das erspart einem Dysbalancen und andere Probleme…Bizepsabriss habe ich auch schon live miterlebt.
Ich finde man sollte sich direkt am Anfang einen Hook Grip angewöhnen…dann härtet man sich schon etwas ab mein Startgewicht und wenn man sich dann irgendwann jenseits der 200kg bewegt kann man trotzdem noch ohne Hilfsmittel ziehen.
Und JEDEM der in keinem KDK-Verein ist würde ich auch Maximalkrafttraining und selbst Sachen wie 5×5 beim Kreuzheben nicht empfehlen. Habe in 25 Jahren Training genug Leute gesehen die sich kaputt-trainiert haben. Und nein, dafür muss man keine Katastrophenform haben, da reichen später schon minimale Fehler…
Hallo Franco!
Das siehst Du so, wie ich auch. Wer ständig an seine Grenzen geht bzw. sich mit dem Trainingsgewicht am Limit ist, wird sich früher oder später verletzten.
Wer im Bereich KDK unterwegs ist, der wird vermutlich auch Wettkämpfe bestreiten und sicher (hoffentlich) wissen, worauf er sich einlässt.
Derjenige, der gesund werden/bleiben möchte, Muskeln aufbauen will und ggf. muskuläre Ungleichgewichte ausgleichen will, ist gut beraten, fernab von Maximalgewichten zu trainieren.
Super guter Guide!